Christ sein im 21. Jahrhundert

Impuls von Dorothee Land

Anlässlich der Podiumsgesprächs "Christ sein im 21. Jahrhundert" am 19. Juni in der Frauenkirche, Görlitz.

Sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich begrüßen möchte ich Sie als Leiterin des Zentrums für Dialog und Wandel der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Wir freuen uns, mit der Veranstaltung Teil der 95 Jubiläumsveranstaltungen zu 500 Jahre Reformation in Görlitz zu sein.

Das Jubiläumsjahr steht unter dem Motto Bürger.Mut.Glaubenskraft.

Bürger.Mut.Glaubenskraft brauchte es damals und braucht es heute. Wenn es um neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Forschung geht, die Etablierung neuer künstlerischer Ausdrucksformen oder sich unser Glaubensverständnis grundlegend wandelt. Was heißt es, in einer Gesellschaft, in der die Mehrheit konfessionslos ist, Christ zu sein? Damit wollen wir uns heute Abend auseinandersetzen.
Ganz besonderer Dank an dieser Stelle schon einmal der Ev. Innenstadtgemeinde Görlitz, namentlich Antje Hüttig, die im Vorfeld vielfältig die Ausgestaltung des heutigen Abends unterstützt hat.

Werte Gäste dieses Abends,

Wir leben in einer Zeit voller Umbrüche – gesellschaftlich, politisch, ökologisch. Vieles scheint in Bewegung, manches bedrohlich, und nicht selten stellt sich das Gefühl ein: Wir stehen vor dem Unmöglichen. Wie lässt sich da glauben? Wie hoffen, wo so viel Ungewissheit ist?

Genau an diesem Punkt will ich mit meinem Impuls einsetzen. Er beginnt mit einem Gedanken, der herausfordert – und zugleich eine Tür öffnet: Hoffnung bedeutet, das Unmögliche zu durchqueren. Sie erscheint, wenn man sie nicht mehr erwartet, und entsteht nach der Erfahrung des Nichts.
So schreibt es die französische Philosophin Corinne Pelluchon, in ihrem Buch „Die Durchquerung des Unmöglichen. Hoffnung in Zeiten der Klimakatastrophe.“ Ihr Buch richtet sich an Menschen, die ihr Leben als bedeutungslos empfinden oder das Gefühl haben, die Zukunft sei verschlossen.

Obwohl sie Hoffnung in ihrem Büchlein säkular beschreibt, knüpft sie doch an die großen biblischen Geschichten an, die von Hoffnung erzählen in Zeiten von Schmerz und Leid und von Menschen, die da mit Gottvertrauen hindurchgehen - hindurch getragen werden - und erleben, dass mit der Kraft der Hoffnung sich das Leben wieder zum Guten wandelt, dass Neuanfänge möglich sind.

"Hoffnung ist überwundene Verzweiflung.", sagt Corinne Pelluchon.

Das ist es, was Christinnen und Christen im 21. Jahrhundert eintragen können in diese mitunter als düster und hoffnungslos empfundenen Zeiten. Wir haben Geschichten, die über uns hinausweisen, in die wir uns bergen können, wie in die Arme eines Menschen, dem wir vertrauen.

Sie erzählen davon: Wir glauben an einen Gott, der sich finden lässt, wo wir ihn am wenigsten erwarten – der mit sich ringen lässt wie am Jabbok, der sich Segen abringen lässt, wenn wir beharrlich bleiben. Christlicher Glaube lebt aus solcher Segenskraft. Eine Kraft, die Christen Tag für Tag auch für andere erbitten, für Alle, die Segen, Schalom, Wohlergehen vermissen.

Um mit dieser Kraft in Berührung zu kommen, braucht es Orte und Zeiten: Unterbrechungen, in denen Gottes Gegenwart gefeiert wird. Das stille Gebet. Das Singen der alten Lieder. Und das Hören auf die großen Werke vertonter Glaubenszeugnisse – jene Musik, die die Seele berührt. Sie lassen das eine Wort, von dem wir leben, erklingen: als Kontrapunkt zur Beschleunigung und Erschöpfung unserer Welt, als Grundrhythmus unserer Lebensmelodie.

Aus solch gut genährtem Glauben erwächst Engagement.

Christsein heißt dann aber nicht: alles besser wissen, sich aufdrängen oder in alten Gewissheiten verharren. Es heißt: präsent sein. Offen für den Dialog. Es heißt zu zeigen: Wir sind da. Wir wollen mitgestalten. Wir glauben, dass christliche Hoffnung eine gesellschaftliche Ressource ist - gerade in Zeiten von Unsicherheit, emotionalisierten Debatten und schwindendem Vertrauen in Institutionen.

Viel mehr als noch vor Jahren, so denke ich, brauchen wir dafür die Verbindung zu den Menschen, die um uns herum leben, ob Kirchenmitglied oder nicht. Zu allen, die für Demokratie und Menschwürde einstehen.

In Gesprächen höre ich oft: „Sie sind doch die mit der Zuversicht.“ Es ist bewegend, wie viel uns da zugetraut und auch erwartet wird – an Zuversicht, an Orientierung, an spiritueller Tiefe.Und zugleich erinnert es mich daran: Diese Hoffnung und Zuversicht muss auch innerkirchlich neu entdeckt werden.

Im Zentrum für Dialog und Wandel, in dem ich mit meinen Kolleginnen arbeite, fragen wir: Wie kann Kirche Räume öffnen für Fragen, für Hören, für Veränderung?  Es geht uns nicht um die Kirche um ihrer selbst willen, um ihren Fortbestand. Sondern darum, Christus da zu suchen, wo er bereits ist – jenseits vertrauter Mauern, mitten unter den Menschen.

Immer wieder frage ich mich auch ganz persönlich: Wie kann ich davon erzählen – davon, dass es mein Glaube ist, der mich in diesen Zeiten nicht verzweifeln lässt? Hoffnung kann entstehen, wo wir die Mutlosigkeit kategorisch zurückweisen. Wie es der Schriftsteller Manes Sperber ausgedrückt hat.

Dem möchte ich aus tiefstem Herzen zustimmen.

Es muss nicht gleich eine großes Hoffnungssinfonie sein, mit der wir beginnen, eine kleine Melodie reicht aus.
Es geht um diese Haltung der kategorischen Zurückweisung der Mutlosigkeit.
Es geht um die Kraft, die standhält, auch wenn alles ins Wanken gerät.
Ich bin überzeugt, wir haben da als Christinnen und Christen viel für die Gesellschaft beizutragen.

 

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